Berlin – Sprecher von AfD und Linken verteidigten gestern im Bundestag Völker- und Menschenrechtsverletzungen der Kommunistischen Partei Chinas. Drei im Bundestag eingebrachten Anträge wurden von den Fraktionen von Union, SPD, Linke und AfD abgelehnt. Lediglich die Grünen und die FDP stimmten dafür oder teilweise dafür. In den Anträgen ging es darum Druck auf die chinesischen und Hongkonger Behörden aufzubauen, die Autonomie Hongkongs wiederherzustellen und um Aufenthaltserleichterungen in Deutschland für die 7 Millionen Hongkonger Bürger zu erwirken.
Der Sprecher der AfD Fraktion, Dr. Ronald Hartwig sprach von einer „Instrumentalisierung von Zivilgesellschaften, um Unruhe zu stiften“ und von einer „inneren Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Landes“. Hongkong wäre dafür ein ansehnliches Beispiel. Jürgen Hardt von der CDU/ CSU Fraktion wunderte sich, ob es sich bei dem Beitrag seines Vorredners um „Stalinismus oder Maoismus“ handle. „Es ist eine Sauerei die Menschen, die für ihre Freiheitskämpfe kämpfen, so zu diskreditieren.“ In der Tat präsentieren die chinesischen Staatsmedien die Hongkonger Demokratiebewegung so, wie der AfD-Politiker. Sie unterstellen den Demokraten eine radikale Minderheit und durch Amerika gekauft zu sein, obwohl während der letzten freien Wahlen pro-demokratische Kandidaten in 17 von 18 Distrikten gewannen.
Die Linken Fraktionssprecherin Sevim Dagdelen hingegen verurteilte zwar die Polizeigewalt in Hongkong während der Proteste 2019, zitierte dann aber schnell ein Zitat von Helmut Schmidt und forderte den „Verzicht auf Überheblichkeit und herablassende, moralische und politische Belehrungen“ in Bezug auf China. Sie sprach von den Protesten in Kolumbien und dem Vorgehen Indiens im Kaschmir. Ihre Rede beendete sie mit einem Plädoyer zur Erinnerung an den deutschen Kolonialismus, einem Aufruf zur Entspannungspolitik und zu mehr Kooperation mit China. Jürgen Trittin, nachfolgender Sprecher der Grünen, bezichtigte sie des „whataboutism“. Dies ist ein Mittel zur Ablenkung von gerade diskutierten Themen, dem sich die chinesische Propaganda und wumaos (nationalistische, chinesische Internettrolls) immer wieder gerne bedienen. Auch andere Teile ihrer Rede kommen der offiziellen Sichtweise der Kommunistischen Partei Chinas sehr nah. Diese erinnert immer wieder ihr Volk an das Jahrhundert der Demütigung durch die Kolonialmächte und fordert multilaterale Kooperation ein, während sie geopolitisch unilateral Fakten schafft.
Hintergrund
Obwohl China mit Großbritannien ein völkerrechtlich, verbindliches Abkommen abgeschlossen hatte, dass Hongkong bis 2047 seine Autonomie und Freiheit garantieren sollte, wurde direkt am 30.06.2020 vom chinesischen Volkskongress für Hongkong ein nationales Sicherheitsgesetz beschlossen. Dieses ermöglicht es chinesischen Behörden vor Ort in Hongkong tätig zu werden und unter anderem Menschen wegen ihrer freien Meinungsäußerung mit drakonischen Haftstrafen zu belangen und nach China auszuliefern. Der große Teil der demokratischen Opposition sitzt deshalb im Gefängnis, genauso wie der weltweit bekannte Studentenführer Joshua Wong und der Herausgeber der Tageszeitung Apple Daily, Jimmy Lai. Zahlreiche andere Aktivisten flohen ins Ausland.
Die Diskussion vom 6. Mai kann hier komplett angesehen werden: https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2021/kw18-de-hongkong-836878
Hadrian Schattner lebte von 1998 bis 2012 in der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong und heute in Berlin und Europa.