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Bild: Hongkongs LegCo (Bild: 21.10.2011, Autor Tksteven)

Laut der völkerrechtlich bindenden „Chinesisch-britischen gemeinsamen Erklärung zu Hongkong“ soll das Territorium nach dem Prinzip „Ein Land, zwei Systeme“ regiert werden, d.h. Hongkong sollte sich nach seiner Übergabe von Großbritannien an China am 1. Juli 1997 mindestens 50 Jahre autonom selber verwalten und die Bürger ihre Freiheitsrechte behalten dürfen. Die Regierungschefin von Hongkong wird seitdem Chief Executive genannt und seit 2017 hat Carrie Lam diese Position. Sie wurde mit 777 Stimmen durch ein Wahlkomitee gewählt, das sich aus verschiedenen Bereichen der Wirtschaft und Gesellschaft zusammensetzt. Hongkongs Parlament wird Legislative Council (LegCo) und das Grundgesetz Basic Law genannt. Laut dem Basic Law ist es Aufgabe des LegCo Gesetze zu erlassen, öffentliche Ausgaben zu genehmigen und die Arbeit der Regierung zu überwachen. Außerdem gibt es noch einen Bezirksrat, der beratende Funktion hat und kleinere Aufgaben übernimmt, wie Umweltverbesserungen, die Förderung von Freizeit- und Kulturaktivitäten und kommunale Aktivitäten innerhalb eines Bezirks. Der Bezirksrat ist die einzige Institution in Hongkong, die bis 2019 komplett durch freie und faire Wahlen bestimmt wurde. In allen Bereichen gibt es zwei Lager: Pro Peking und die Demokraten.

Einführung des Gesetzes

Der Beschluss zur „Verbesserung des Wahlsystems“ der Sonderverwaltungsregion Hongkong wurde am Hongkonger LegCo vorbei am 11. März 2021 vom chinesischen Nationalen Volkskongress (NVK) erlassen.

Patrioten

Von nun an dürfen sich in Hongkong nur noch Patrioten zur Wahl aufstellen lassen, egal in welcher Position. „Ein Patriot ist jemand, der die chinesische Nation respektiert, die Wiedererlangung der Souveränität des Mutterlandes über Hongkong aufrichtig unterstützt und den Wohlstand und die Stabilität Hongkongs nicht beeinträchtigen will.“ „Man kann nicht sagen, dass man patriotisch ist, aber die Führung der Kommunistischen Partei Chinas nicht liebt oder nicht respektiert – das ergibt keinen Sinn.“ Da gesetzlich nicht genau definiert ist, wer Patriot ist, soll ein speziell hierfür eingerichteter Überwachungsausschuss Kandidaten nun prüfen.

Änderungen im Wahlkomitee

Das Wahlkomitee, das Hongkongs Chief Executive wählt, wurde von 1200 auf 1500 Sitze erweitert. So wurden in diesem Komitee demokratische Kräfte weiter geschwächt und weniger Sitze an traditionell demokratische Verbände wie Erziehung oder soziale Wohlfahrt vergeben. Auf der anderen Seite wurden es deutlich erweitert mit pro Peking Kräften wie zum Beispiel 190 Sitze für Hongkonger Abgeordnete im Nationalen Volkskongress (NPC) und Hongkonger Mitglieder des Nationalen Komitees der Politischen Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes (CPPCC).

Hongkongs Parlament: Legislative Council

Auch der Legislative Council wurde von 70 auf 90 Sitze vergrößert. Den Demokraten ist hier die Möglichkeit genommen worden zumindest theoretisch einen Wahlsieg zu erreichen. Der Bezirksrat, der 100 % in demokratischer Hand gewesen wäre hat nun keinen Sitz mehr und durch Direktwahlen können nur noch 20 Sitze gewonnen werden. Und auch hier gab es noch zusätzliche Veränderungen zu Ungunst der Demokraten. Anstatt dass nur der Kandidat mit den meisten Stimmen eines Wahlkreises gewählt werden kann, rückt jetzt auch der Zweitplatzierte ein. Typischerweise liegen die Demokraten hier mit 55-60 % der Stimmen vorne und die Pro-Peking-Kandidaten auf zweiter Stelle. Dafür sind 40 Sitze für das Wahlkomitee hinzugekommen, welches durch das Pro-Peking-Lager dominiert wird, das den Chief Executive bestimmt.

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