Berlin – Während einer Expertenanhörung im Ausschuss des Bundestages für Menschenrechte und humanitäre Hilfe am Montag sagte der die-Linke-Experte und ehemaliges MdB Prof. Dr. Norman Paech, es gäbe keine sicheren Beweise für „umfassenden, systematischen Freiheitsentzug, Verfolgung und Folter“ in Xinjiang. Während die anderen 6 eingeladenen Sachverständigen ihre Expertisen darüber ablegten, welche rechtsstaatlichen Mittel für den Umgang mit den mutmaßlichen Verbrechen eingesetzt und welche Konsequenzen daraus gezogen werden könnten, machte Paech sich die offiziellen Positionen Pekings zu eigen.
Paech sprach von der „Radikalisierung fundamentalistischer Muslime in Xinjiang“, von „Programmen der Deradikalisierung“ in Hinblick auf die Internierungslager und davon, dass „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ nicht nachweisbar wären. Er verglich den Antiterrorkampf der USA mit dem Vorgehen der Chinesen und die Volksgruppe der Uiguren mit den Taliban. Skeptisch sei er die Generalbundesanwaltschaft einzuschalten und gegen eine Erklärung des Bundestages. Weiterhin verwies er auf ein Angebot Chinas an die UN zur Aufklärung der Sachverhalte und hielt das für das richtige weitere Vorgehen. Auch die Bundestagsabgeordnete der Partei die Linke Sevim Dağdelen übernahm ähnliche Positionen, „Es gibt überhaupt keine Beweislage zum Völkermord.“
Margaret Bause (Bündnis 90/ Die Grünen) entgegnete „Es gibt die China Cables, das sind Dokumente aus China selber, es gibt die Karakax-Liste, es gibt Satellitenaufnahmen, es gibt jede Menge von Berichten von Zeuginnen und Zeugen aus den Internierungslagern.“
In der Tat sahen die anderen Experten lediglich die Überführung der chinesischen Regierung des Völkermordes als schwierig an, da es einer Kooperation Chinas hierfür bedürfe und der Begriff von 1948 nicht auf die heutige Zeit passe. „Zentrales Merkmal des Völkermord-Straftatbestands ist die Zerstörungsabsicht“, bemerkte Jeßberger. Diese sei „zum gegenwärtigen Zeitpunkt“ nicht hinreichend belegt.
Man könne das allerdings als Strafbestand Verbrechen gegen die Menschlichkeit einordnen. Der Experte Safferling sprach von einem „systematischen Angriff auf die Zivilbevölkerung“. Die Möglichkeit einer Strafverfolgung durch den Internationalen Strafgerichtshof stuften die Experten jedoch als „praktisch aussichtslos“ ein, da es eines Mitwirkens China bedürfe. Anders jedoch sei es um ein Verfahren in Deutschland bestellt. Der Generalbundesanwalt könne gegen „Ausführungstäter“ ebenso wie gegen höherrangige Verantwortungsträger in Staat und Partei ermitteln.
Des Weiteren wurde eine „open source investigation“ vorgeschlagen. Diese würde Beweise und Indizien über das Internet zu einem größeren Bild zusammenführen.
Hadrian Schattner lebte von 1998 bis 2012 in der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong und heute in Berlin und Europa.