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Grafik: Geopolitische Strategie - wumao.news

In den vergangenen Tagen überschlugen sich die Nachrichten in Bezug einer Neuausrichtung demokratischer Staaten im Umgang mit China. Die Vereinigten Staaten beschlossen Milliarden im Wettbewerb mit China auszugeben, während die G7 China wegen Menschenrechten verurteilten und einen Gegenentwurf zur Neuen Seidenstraße vorstellten. Die Nato annoncierte China im Fokus haben zu wollen.

Zuerst kündigten die USA an China mit einer neuen „Eingreiftruppe“ gegen unfaire Handelspraktiken ins Visier nehmen zu wollen und den Zugang zu kritischen Produkten, von Halbleitern bis zu Batterien für Elektrofahrzeuge prüfen zu wollen. Am selben Tag stimmte dann der US-Senat mit überparteilicher Zustimmung über ein fast 250 Milliarden US-Dollar schweres Gesetzespaket ab, um besser mit China in den Bereichen Entwicklung und Forschung konkurrieren zu können. Das Paket bedarf noch der Zustimmung des Repräsentantenhauses.

Anschließend wurde während des G7-Gipfels in Cornwall, England am Wochenende erstmal bekannt, dass die reichen Nationen sich auf Pläne geeinigt haben mit einem massiven Infrastrukturplan namens Build Back Better World (B3W) für ärmere Länder eine Alternative zu Chinas Neuen Seidenstraße schaffen zu wollen. Dabei soll es sich um eine Werte-geleitete, qualitativ hochwertige und transparente Infrastruktur-Partnerschaft handeln, die von den großen Demokratien angeführt wird. Sie soll dazu beizutragen, den über 40 Billionen Dollar schweren Infrastrukturbedarf in den Entwicklungsländern zu verringern. Durch B3W koordinieren die G7 und andere gleichgesinnte Partner die Mobilisierung von privatem Kapital in vier Schwerpunktbereichen – Klima, Gesundheit und Gesundheitssicherheit, digitale Technologie sowie Geschlechtergerechtigkeit und -gleichstellung. Die verschiedenen G7-Partner werden unterschiedliche geografische Ausrichtungen haben, aber das Projekt ist global ausgelegt, von Lateinamerika und der Karibik über Afrika bis hin zum indopazifischen Raum. Ein amerikanischer Beamter wurde vom Guardian zitiert: „Bis jetzt haben wir keine positive Alternative angeboten, die unsere Werte, unsere Standards und unsere Art, Geschäfte zu machen, widerspiegelt.“ Die Build Back Better World (B3W) sei „eine ehrgeizige neue globale Infrastruktur-initiative mit unseren G7-Partnern“, nicht nur eine Alternative zu Chinas Neuen Seidenstraße.

Auch in der Abschlusserklärung der G7 wurde auf China noch einmal ausdrücklich verwiesen und das Land wegen Handel und Menschenrechten kritisiert. „Wir fordern China auf, die Menschenrechte und Grundfreiheiten zu achten, insbesondere in Bezug auf Xinjiang und für Hongkong jene Rechte, Freiheiten und das hohe Maß an Autonomie, die in der Gemeinsamen Chinesisch-Britischen Erklärung und dem Grundgesetz verankert sind.“ Eine noch konfrontativere Sprache, wie es sich der US-Präsident Biden gewünscht hatte, hatten einige EU-Länder um Angela Merkel herum verhindert.

Am Tag nach dem G7-Gipfel trafen sich dann führende Vertreter der westlichen Militärallianz NATO am Montag in Brüssel, darunter US-Präsident Joe Biden. In einer gemeinsamen Erklärung heißt es: „Der wachsende Einfluss Chinas und seiner internationalen Politik kann Herausforderungen mit sich bringen, die wir gemeinsam als Bündnis bewältigen müssen. Wir werden China mit dem Ziel angehen, die Sicherheitsinteressen des Bündnisses zu verteidigen. Wir sind zunehmend mit Cyber-, hybriden und anderen asymmetrischen Bedrohungen konfrontiert, einschließlich Desinformationskampagnen, und mit dem böswilligen Einsatz immer ausgefeilterer aufkommender und zerstörerischer Technologien. Die rasanten Fortschritte in der Weltraumdomäne beeinträchtigen unsere Sicherheit. Die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und die Aushöhlung der Rüstungskontrollarchitektur untergraben ebenfalls unsere kollektive Sicherheit.“ Hiermit nimmt die NATO neben Russland zum ersten Mal auch China in den Fokus.