Während die Kommunistische Partei Chinas sich zum hundertjährigen Jubiläum ihres Bestehens mit viel Tamtam selbst feiert, wird jede Kritik an ihr im eigenen Land untersagt und die Geschichte umgeschrieben. So inzwischen auch in der Sonderverwaltungszone Hongkong, wo sich der 1. Juli auch mit dem 24-jährigen „Handover“-Jubiläum überschneidet, dem Tag der Übergabe Hongkongs von Großbritannien an die Volksrepublik China. Im Gegenzug zu früheren Jahren, an denen es an diesem Datum immer wieder zu großen Massenprotesten gegen die Regierung kam, wurden dieses Jahr sämtliche Demonstrationen mit Verweis auf Coronarisiken untersagt. Etwa 10.000 Polizisten werden am Donnerstag in ganz Hongkong im Einsatz sein, um das Verbot versuchen durchzusetzen.
Eddie Tse von der „Save Lantau Alliance“ zeigte sich „extrem enttäuscht“ und sagte, dass der jährliche Demokratiemarsch am 1. Juli immer friedlich und geordnet verlaufen sei. Er verwies auf die Bitte der Organisatoren an die Teilnehmer, in Vierergruppen zu bleiben und einen sozialen Abstand von 1,5 Metern einzuhalten. Tse appellierte an die Hongkonger, an diesem Donnerstag dennoch ein schwarzes Hemd zu tragen, um ihren „Unmut“ zu zeigen.
Etliche Internetnutzer scheinen diesem Aufruf folgen zu wollen und kommentierten auf sozialen Medien, dass der Staat sie nicht daran hindern könne sich schwarz zu kleiden und „spazieren zu gehen“. Es ist also damit zu rechnen, dass es trotz des harten Durchgreifens der Polizei, trotz der Androhung von langen Haftstrafen und trotz des im letzten Jahr erlassenen, drakonischen nationalen Sicherheitsgesetz morgen wahrscheinlich zu vereinzelten Zwischenfällen in der Stadt kommen wird, wie es in diesem Jahr schon mehrfach geschehen ist.
Auch in Deutschland sind morgen Aktionen geplant. Trotz des damit verbundenen Risikos in ihrer Heimat ruft ein Bündnis von Hongkongern, Tibetern, Uiguren, Mongolen und auch die Gesellschaft für bedrohte Völker dazu auf am 1. Juli um 10:00 Uhr in Schwarz gekleidet mit weißen Blumen vor der chinesischen Botschaft in Berlin zu erscheinen, um die „Trauer“ der Teilnehmer zum Ausdruck zu bringen.
Weiterhin findet morgen unter dem Motto „Es gibt nichts zu zelebrieren, ein Jahrhundert der Unterdrückung“ ein Webinar statt, unter anderem mit Mitgliedern des „World Uyghur Congress“ (WUC), von „Hong Kong Watch“ und von „China against death penalty“.
Hadrian Schattner lebte von 1998 bis 2012 in der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong und heute in Berlin und Europa.