Am Donnerstag feierten sich die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) aufgrund ihres hundertjährigen Bestehens in einer pompösen Inszenierung am Tian’anmen Platz selbst. In einer genau choreografierten Machtkundgebung die in unserer heutigen Zeit eher an das Deutschland der Dreißiger oder an Nordkorea erinnerte, hielt Chinas Führer Xi Jinping gekleidet im Mao-Anzug eine Rede an zehntausende anwesende Parteimitglieder.
Die Aufführung war durchsetzt nationalistischen Symbolen, genauso auch die Ansprache Xis. Die vielen Widersprüche in der Volksrepublik kamen immer wieder zum vorschein, als er beispielsweise über marxistische und maoistische Ideale und Ideen sprach, die aber im krassen Kontrast zur Realität des chinesischen Staatskapitalismus stehen.

Xi Jinping kündigte an die „Modernisierung der Landesverteidigung und der Streitkräfte beschleunigen“ zu wollen und schwor die anwesenden Generäle auf absolute Loyalität gegenüber der Partei ein, deren allein regierender Vorsitzender er ist. „Der Führungsanspruch der Partei und der Aufbau einer eigenen Volksarmee ist eine unumstößliche Wahrheit, zu der die Partei während ihres Kampfes mit Blut und Feuer gelangt ist.“ Er erklärte er wolle „eine starke Armee mit chinesischen Merkmalen“ aufzubauen. Er plane den „politischen Aufbau der Armee, die Reform der Armee“ und „Wissenschaft und Technologie, Talente und Rechtsstaatlichkeit umfassend fördern“ zu wollen. Die PLA möchte er in eine „Armee von Weltrang“ verwandeln.
Wofür er die neuen, modernen Streitkräfte verwenden könnte, wurde klar, als er auf das Thema Taiwan zu sprechen kam. „Jeder Versuch der Unabhängigkeit Taiwans solle entschlossen zerschlagen“ werden. „Niemand sollte die starke Entschlossenheit, den festen Willen und die mächtige Fähigkeit des chinesischen Volkes zur Verteidigung der nationalen Souveränität und territorialen Integrität unterschätzen!“
Obwohl Xi betonte, dass „der Geist der Partei aus den Prinzipien Wahrheit und Ideale hochhalten“ bestehe, nahm er und die KPCh es mit der Wahrheit dann nicht so genau. So ist sogar die offizielle englische Übersetzung der Rede teilweise nicht immer richtig übersetzt. Wenn zum Beispiel Xi unter donnerndem, orchestriertem Applaus verkündet „Gleichzeitig wird das chinesische Volk niemals zulassen, dass irgendeine fremde Macht uns tyrannisiert, unterdrückt oder versklavt. Jeder, der dies versucht, wird von der Großen Stahlmauer zerschmettert werden, die vom Fleisch und Blut von mehr als 1,4 Milliarden Chinesen errichtet wurde!“, so wurde in der englischen Übersetzung daraus: „Jeder, der dies versuchen würde, wird sich auf Kollisionskurs mit einer großen Stahlmauer wiederfinden, die von über 1,4 Milliarden Chinesen geschmiedet wurde.“
Xi erklärte weiterhin „das chinesische Volk habe niemals die Menschen anderer Länder schikaniert, unterdrückt oder versklavt, nicht in der Vergangenheit, nicht jetzt und nicht in der Zukunft.“ und „es gibt kein Gen im Blut der chinesischen Nation für die Invasion anderer oder den Anspruch auf Hegemonie.“ Sofort kommen einem da die Invasion und Annektion von Ostturkestan, von Tibet oder der Südmongolei unter kommunistischer Führung in den Kopf und auch die Behandlung der Völker dort heute. Selbst die Sklaverei war in Chinas langer, aber im eigenen Land unaufgearbeiteter Geschichte fast immer ein fester Bestandteil bis ins 20. Jahrhundert hinein und heute klagen unter anderem Tibeter und Uiguren über Zwangsarbeit.
Insgesamt kamen viele kämpferische Töne vonseiten Xi Jinpings: „Die Kommunistische Partei Chinas und das chinesische Volk verkündeten der Welt mit ihrem heldenhaften und zähen Kampf feierlich, dass sich das chinesische Volk erhoben hat und dass die Ära, in der die chinesische Nation der Gnade anderer ausgeliefert war und unter Schikanen litt, vorbei ist!“, so Xi. „Die Geschichte der Volksrepublik China seit mehr als 70 Jahren seit ihrer Gründung beweisen voll und ganz, dass es ohne die KPCh kein neues China und keine große Wiedergeburt der chinesischen Nation geben würde. Die Geschichte und das Volk haben die KPCh gewählt.“ Freie Wahlen hat es im kommunistischen China noch nie gegeben und so kann man dies als Hinweis auf zukünftig mehr Wolfskriegerdiplomatie deuten.
Die „nationale Wiedergeburt“ war allgemein das Hauptmotto seiner Rede und er verwendete die Floskel insgesamt 24 Mal. Ein wiedererstarktes China dürfte somit ein Thema sein, dass uns alle noch lange beschäftigen wird. So endete Xi seine Rede, ohne ein Wort zu verlieren über die Millionen von Toten unter KPCh-Herrschaft, mit päpstlicher Unfehlbarkeit: „Es lebe unsere große, glorreiche und richtige Partei!“
Hadrian Schattner lebte von 1998 bis 2012 in der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong und heute in Berlin und Europa.