Der französische Energiekonzern Électricité de France (EDF) teilte in einer Presseerklärung am Donnerstag mit, dass man einen Atomreaktor heruntergefahren hätte, wenn es ähnliche Probleme wie bei dem 2018 in Betrieb genommenen Kraftwerk in Taishan inmitten des chinesischen Perlflussdeltas geben würde. In einem Radius von 200 Kilometern leben in etwa 80 Millionen Menschen, unter anderem in den Sonderverwaltungsregionen Hongkong und Macao, sowie in den chinesischen Großstädten Shenzhen und Guangzhou.
Nach den Daten, die der chinesische Betreiber EDF zur Verfügung stellte, bleiben die radiochemischen Parameter des Primärkreislaufwassers unter den für die Anlage in Taishan geltenden regulatorischen Grenzwerten der Regierung. Die Analyse über den Versiegelungsverlust der Brennstäbe zeige jedoch, dass sich die Situation weiterentwickele; sie wird daher vom Betreiber kontinuierlich überwacht. Basierend auf den momentanen Ergebnissen würden die Betriebsverfahren des EDF für französische Atomanlagen dazu führen, dass man in Frankreich den Reaktor abgeschalten hätte. Zuerst hätte man die laufende Situation genauer bewertet, um dann der Entwicklung entgegenzuwirken. In Taishan liegen die entsprechenden Entscheidungen beim Betreiber.
Das Kernkraftwerk gehört zu 70 Prozent der China Guangdong Nuclear Power Group und zu 30 Prozent dem französischen EDF, dem Haupteigentümer von Framatome. Framatome hilft beim Betrieb des Kraftwerks. Auf die Missstände wurde bereits Mitte Juni hingewiesen, als bekannt wurde, dass es ein mögliches radioaktives Leck im Kernkraftwerk Taishan gibt. Framatome hatte sich an das US-Energieministerium gewandt, um vor einer „unmittelbaren radiologischen Gefahr“ zu warnen. Das Unternehmen warf den chinesischen Behörden vor, die zulässigen Grenzwerte für die Strahlung außerhalb der Anlage zu erhöhen. Dies sei geschehen, um eine Abschaltung zu vermeiden.
Hadrian Schattner lebte von 1998 bis 2012 in der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong und heute in Berlin und Europa.