In einem Gespräch mit wumao.news erklärte der aus Hongkong stammende und in Deutschland lebende Student Alex Ho (Name von der Redaktion geändert), dass es auffällige Parallelen zwischen der Weimarer Republik, Hongkong, China und der Machtergreifung der Nazis gibt.
wumao.news untersuchte die Sache genauer:
Die Historie Deutschlands ist bekannt. Das Ende der Weimarer Republik war geprägt von Wirtschaftskrise, politischer Instabilität und sozialem Unfrieden. Die Mehrheit der Bürger misstraute dem Staat und war der ständig stattfindenden Straßenkämpfe zwischen Braunhemden und Kommunisten überdrüssig. Adolf Hitler, der bis dahin als Außenseiter galt und der die „Demütigung Deutschlands“ durch den Versailler Vertrag beenden wollte, wurde mit seiner NSDAP plötzlich die stärkste Kraft im Land. Obwohl er keine Mehrheit der Stimmen hinter sich versammeln konnte, wurde er 1933 zum Reichskanzler gekürt und es folgte der Reichstagsbrand und das sogenannte Ermächtigungsgesetz.
Anders als in Deutschland, saß in Hongkong die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) bereits seit über 20 Jahren an den Hebeln der politischen Macht und versuchte, mit einem ungerechten System eine semi-demokratische Fassade aufrechtzuerhalten, mit einhergehenden Freiheiten für die Bevölkerung, die es unter den Nazis nicht gegeben hatte. China rechtfertigte die Machtübernahme, ohne den Willen der Bevölkerung zu berücksichtigen, stets mit dem Hinweis auf das Jahrhundert der Demütigung, das durch die barbarischen Opiumkriege der Briten, die daraus resultierende Halbkolonisierung Chinas und die Besetzung durch das kaiserliche Japan ausgelöst wurde. Die Einführung eines Nationalen Sicherheitsgesetzes markierte schlagartig ein Ende der Freiheiten und den Beginn einer totalitären Herrschaft. Ähnlich wie in der Weimarer Republik misstraute die Bevölkerung seit der „Übergabe“ der Stadt an das autoritäre Regime in Peking im Jahr 1997 der Regierung, was immer wieder Massenproteste zur Folge hatte. So auch im Jahr 2019, als die Regierungspräsidentin Carrie Lam, die weniger als 30 Prozent der Wähler hinter sich hat, ein Gesetz verabschieden wollte, dass die Auslieferung an China ermöglichten würde. Monatelange Proteste resultierten daraus und eine Eskalation der Gewalt, ausgelöst durch eine Polizei, die sich nicht mehr den Gesetzen des eigenen Staates unterordnen musste. All dies fand mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie und der Einführung des Gesetzes zur nationalen Sicherheit ein jähes Ende,
Mit der Einführung des Ermächtigungsgesetzes in Deutschland und dem Ende der Gewaltenteilung gab es für die Nazis kein Halten mehr. Neben der Verhaftung und Ausschaltung kommunistischer und demokratischer politischer Gegner gab es die berüchtigte Bücherverbrennung, das Gesetz gegen die Neubildung von Parteien und die Einrichtung der Reichskulturkammer zur Überwachung von Künstlern. Das folgende Jahr brachte die Gleichschaltung des Rundfunks, die Einrichtung des Volksgerichtshofs gegen politische Gegner und die Zusammenlegung der Ämter des Reichskanzlers und des Reichspräsidenten.
Ähnlich verhält es sich mit dem nationalen Sicherheitsgesetz in Hongkong, das am 30. Juni letzten Jahres eingeführt wurde. Inzwischen wurden sämtliche Oppositionspolitiker verhaftet, ob gemäßigt oder radikal, flohen aus Hongkong oder traten zumindest zurück. Die Gewerkschaften lösen sich nach und nach auf, ebenso Parteien und NGOs. Der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk und die TV-Sender wurden inzwischen gleichgeschaltet und der Herausgeber und die Redakteure der größten, unabhängigen Zeitung inhaftiert. Das Gleiche gilt für Studentenführer, Professoren und Schriftsteller und unliebsame Bücher wurden verbannt. Das Nationale Sicherheitsgericht, durchsetzt von handverlesenen Richtern, verkündete jahrelange Haftstrafen.
Die folgenden Jahre waren in Deutschland noch extremer. Es folgten die Nürnberger Rassengesetze, ein Pakt gegen Kommunisten, der Einmarsch ins Rheinland und die Olympischen Spiele von 1936. Weitere Gebiete sollten dem Deutschen Reich einverleibt und die Wehrmacht auf Linie gebracht werden. Ein trauriger Höhepunkt wurde mit der Reichskristallnacht erreicht. Mit dem Beginn des Einmarsches in Polen begann die systematische Vernichtung der Juden und anderer Minderheiten und der Zweite Weltkrieg. Das Ergebnis: totale Zerstörung und die Zerschlagung des Dritten Reiches.
Wir können hoffen, dass sich die Geschichte nicht wiederholen wird. Doch die Warnzeichen sind groß. Nicht nur, dass Hongkongs Supermacht China sich bei den Olympischen Spielen in Peking im nächsten Jahr grandios in Szene setzen will, schon jetzt kommen immer mehr Details über die Unterdrückung der Uiguren, Tibeter und anderer Minderheiten im Lande ans Licht. Und auch die territorialen Ambitionen von Staatschef Xi – Parteiführung, Staatsführung und Armeeführung in einer Position vereint – sind nicht zu übersehen. Ähnlich als würde Italien das gesamte Mittelmeer für sich beanspruchen , erhebt China Anspruch auf das gesamte Südchinesische Meer, ohne Rücksicht auf seine zahlreichen Nachbarn und militarisiert es. Nachdem das Land einst Osttürkistan, Tibet und die südliche Mongolei annektierte, Hongkong und Macao übernommen hat, strebt es nun nach den Territorien seiner Nachbarländer und vor allem nach dem demokratischen Taiwan. Jedes Land, das Taiwan helfen will, wird von China mit Krieg bedroht.
Um des Weltfriedens willen können wir nur hoffen, dass es nicht so weit kommt, aber die Parallelen zum Dritten Reich sind unübersehbar.
Hadrian Schattner lebte von 1998 bis 2012 in der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong und heute in Berlin und Europa.