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Bild: 180-Grad-Wende in der deutschen Chinapolitik

Eine deutliche Kehrtwende in der deutschen China-Politik zeigt sich im Koalitionsvertrag, den die Ampelparteien am Mittwoch vorlegten.

Während die Vorgängerregierung China in ihrem Koalitionsvertrag nur einen Absatz widmete, in dem sie über Chancen und Risiken in der Wirtschaftspolitik sprach, mit einem kleinen obligatorischen Hinweis auf die Menschenrechte, räumt die neue Regierung dem Thema viel mehr Gewicht ein. Sie will die Menschenrechtspolitik in alle „Aspekte staatlichen Handelns“ einbeziehen, sich viel enger mit den Vereinigten Staaten abstimmen und eine klare Sprache in Bezug auf Hongkong, Taiwan und den indopazifischen Raum finden.

Hier, einige der wichtigsten Passagen:

Eine Ratifikation des EU-China-Investitionsabkommens im EU-Rat kann aus verschiedenen Gründen zurzeit nicht stattfinden. 

Wir wollen prüfen, ob bei klar definierten Sicherheitsgefährdungen durch die Übernahme kritischer Infrastrukturen, z. B. im deutschen Stromnetz oder im Breitbandnetz, durch ausländische Investoren das rechtliche Instrumentarium ausreicht und ggf. geeignete Instrumente dafür schaffen, damit die Bundesregierung angemessen und schnell reagieren kann.

Wir setzen uns für Verhandlungen zwischen den USA und Russland zur vollständigen Abrüstung im substrategischen Bereich ein. Nuklearwaffenstaaten wie China wollen wir stärker in nukleare Abrüstung und Rüstungskontrolle einbinden.

Menschenrechtspolitik umfasst alle Aspekte staatlichen Handelns auf internationaler wie auch innenpolitischer Ebene. In einem globalen Umfeld, in dem auch von zentralen Akteuren die universelle Gültigkeit der Menschenrechte regelmäßig in Frage gestellt wird, wollen wir sie gemeinsam mit unseren Partnern verteidigen und für sie werben. Das Amt des/der Beauftragten der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe werden wir aufwerten und mit mehr Personal ausstatten.

Wir unterstützen die Einsetzung weiterer VN-geführter Fact-Finding-Missionen sowie die Arbeit von VN Untersuchungs- und Monitoring-Mechanismen, um zukünftige Strafprozesse zu ermöglichen. In Deutschland wollen wir die Kapazitäten bei Verfahren nach dem Völkerstrafgesetzbuch ausbauen.

Wir wollen und müssen unsere Beziehungen mit China in den Dimensionen Partnerschaft, Wettbewerb und Systemrivalität gestalten. Auf der Grundlage der Menschenrechte und des geltenden internationalen Rechts suchen wir die Kooperation mit China, wo immer möglich. Wir wollen im zunehmenden Wettbewerb mit China faire Spielregeln. Um in der systemischen Rivalität mit China unsere Werte und Interessen verwirklichen zu können, brauchen wir eine umfassende China-Strategie in Deutschland im Rahmen der gemeinsamen EU-China Politik. Wir wollen die Regierungskonsultationen fortsetzen und stärker europäisch ausgestalten.

Wir streben eine enge transatlantische Abstimmung in der China-Politik an und suchen die Zusammenarbeit mit gleichgesinnten Ländern um strategische Abhängigkeiten zu reduzieren. Unsere Erwartung an die chinesische Außenpolitik ist, dass sie eine verantwortungsvolle Rolle für Frieden und Stabilität in ihrer Nachbarschaft spielt. Wir setzen uns dafür ein, dass territoriale Streitigkeiten im süd- und ostchinesischen Meer auf Basis des internationalen Seerechts beigelegt werden. Eine Veränderung des Status Quo in der Straße von Taiwan darf nur friedlich und im gegenseitigen Einvernehmen erfolgen. Im Rahmen der Ein-China-Politik der EU unterstützen wir die sachbezogene Teilnahme des demokratischen Taiwan in internationalen Organisationen. Wir thematisieren klar Chinas Menschenrechtsverletzungen, besonders in Xinjiang. Dem Prinzip „Ein Land – zwei Systeme“ in Hong Kong muss wieder Geltung verschafft werden.

Grünen Politiker Reinhard Bütikofer erklärte am Mittwoch auf Twitter noch einmal die China-kritische Haltung der Koalition.

Aufbauend auf den Indo-Pazifik-Strategien Deutschlands und der EU setzen wir uns für eine freie und offene indo-pazifische Region auf der Grundlage globaler Normen und des Völkerrechts ein. Insbesondere in den Bereichen Stärkung des Multilateralismus, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie, Klimaschutz, Handel und bei Digitalisierung wollen wir Fortschritte in der Kooperation erreichen. Wir wollen gemeinsam einen intensiven Dialog zu Frieden und Sicherheit im indo-pazifischen Raum befördern. Die EU-ASEAN Partnerschaft wollen wir vorantreiben. Wir wollen die Asien-Pazifik-Konferenz der deutschen Wirtschaft politisch aufwerten. Wir wollen den Ausbau unserer Beziehungen, inklusive auf parlamentarischer Ebene, mit wichtigen Wertepartnern wie Australien, Japan, Neuseeland und Südkorea vorantreiben. Mit Japan wollen wir regelmäßige Regierungskonsultationen beginnen. Wir haben ein herausragendes Interesse an der Vertiefung unserer strategischen Partnerschaft mit Indien durch die Umsetzung der Agenda für die deutsch-indische Partnerschaft und der EU-Indien Konnektivitätspartnerschaft. Vor allem diejenigen, die vom steigenden Meeresspiegel betroffen sind und sein werden, verdienen unsere verstärkte Unterstützung. Wir wollen uns aktiv für eine Infrastrukturentwicklung nach qualitativ hohen internationalen Standards einsetzen. Die Global Gateways-Initiative der EU ist dabei ein wichtiges Instrument.