Als die weltberühmte Tennisspielerin Peng Shuai Anfang November ihren letzten Beitrag auf WeChat veröffentlichte, in dem sie einen der mächtigsten KP-Bosse Chinas der sexuellen Nötigung beschuldigte, ergriff der chinesische Staat die Maßnahmen, die man von ihm im Umgang mit Oppositionellen oder unliebsamen Minderheiten kannte. Der Post wurde sofort gelöscht, Peng Shuai verschwand aus der Öffentlichkeit, und als es internationale Proteste gab, veröffentlichte man eine schlecht gefälschte E-Mail, in der sie ihre Aussage widerrief.
Doch anders als bei den Uiguren, deren Schicksal Konzerne wie Volkswagen oder das Internationale Olympische Komitee (IOC) nicht interessiert, hat es China diesmal mit einem Tennisverband zu tun, dem das Wohl seiner Mitglieder wichtiger zu sein scheint als finanzieller Gewinn, der hartnäckig bleibt und der nicht leise nachgibt. Deshalb sieht sich die chinesische Propagandamaschinerie immer wieder gezwungen, auf das Thema zu reagieren.
Und jede Reaktion verschlimmert die Befürchtungen der „Women’s Tennis Association“ (WTA). Der Staatsapparat veröffentlicht auf dem in China verbotenen Twitter immer wieder Beweise dafür, dass Peng Shuai noch lebendig ist, ähnlich wie die vielen Videos, der tanzenden Uiguren auf TikTok. Ausgerechnet Thomas Bach, Präsident des IOC, wird in der Propaganda zweimal bei einem Videochat mit der Tennisspielerin gezeigt – es gibt auch Bilder, auf denen er mit Zhang Gaoli abgebildet ist, dem mutmaßlichen Peiniger von Peng Shuai.

Der Herausgeber der chinesischen Global Times, Mitglied der KPCh und inoffizieller Sprecher des chinesischen Staates, Hu Xijin twittert über Probleme mit sexuellen Übergriffen in Australien. Soll man das so interpretieren, dass aus Sicht der KPCh sexuelle Übergriffe gegen Frauen ganz normal sind, überall passieren und man deshalb die Sache nicht weiter verfolgen sollte?
So kam es gestern wie erwartet und die WTA gab bekannt, dass vorerst keine weiteren Tennisturniere in China stattfinden werden. Der Grund: Der Verein könne in China seinen Spielerinnen keine Sicherheit gewährleisten.
Der springende Punkt ist, was das diktatorische und patriarchalische China nicht kapiert: Das Ausland erwartet nichts weniger als eine transparente Untersuchung, Aufklärung und Konsequenzen. Mit weiteren Einschüchterungen, Whataboutism, schlechter Propaganda und einem harten Durchgreifen gegen die MeToo-Bewegung wird die Kritik nur noch lauter werden.
Hadrian Schattner lebte von 1998 bis 2012 in der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong und heute in Berlin und Europa.